Community of Practice

Bibliotheken ermöglichen Open Access

Für viele wissenschaftliche Bibliotheken in Deutschland sind die DEAL-Vereinbarungen ein erster Anlass, um die Open Access-Vision der Allianz der Wissenschaftsorganisationen und die Empfehlungen des Wissenschaftsrates im Bereich der Literatur- und Informationsversorgung in die Praxis umzusetzen. Die DEAL Community of Practice dient dem Austausch und dem Wissenstransfer innerhalb der Bibliotheks-Fachgemeinschaft zu praxisrelevanten Fragen rund um die DEAL-Verträge und darüber hinaus.

COMMUNITY BLOG

Eine wachsende Gemeinschaft aktiver Kolleg*innen tauscht sich über ihre Erfahrungen mit den DEAL-Verträgen aus und teilt lokale Strategien und Ansätze vor dem Hintegrund der Open Access-Transformation. Der Community-Blog begleitet sie und macht sie sichtbar.

Mit Transformationsverträgen arbeiten

Transformationsverträge wie die DEAL-Vereinbarungen stellen Bibliotheken vor neue Herausforderungen. Die Serie „Mit Transformationsverträgen arbeiten“ ist als wachsende Informationsressource zum Thema angelegt. Sie bietet Hintergrundinformationen zu Verhandlungszielen, Preismodellen und zur Bedeutung der einzelnen Vertragsparameter, um Bibliotheken dabei zu unterstützen, Verlagsangebote zu bewerten, Finanzierungsstrategien mit der Einrichtungsleitung zu besprechen und Publizierende zu beraten.

Teil 1: Von "Offsetting" zu "Transformative Agreements"

Transformationsverträge unterscheiden sich in der Art und Weise, wie sie den Übergang von Subskription zu Open Access gestalten. Welche finanziellen Konditionen vereinbart werden und wie viele Open Access-Publikationen abgedeckt sind, hängt in der Regel von den Ausgangsbedingungen der Vertragspartner ab, insbesondere dann, wenn ein erster Einstieg in eine Transformationsvereinbarung gefunden werden soll. Dennoch entwickeln sich die Vertragsmodelle beständig weiter. Zum Auftakt dieser Serie blicken wir noch einmal auf die Anfänge zurück und unterscheiden Vertragstypen wie „Offsetting“ von „Read & Publish“/„Publish & Read“.

Hybrides Open Access treibt die Kosten in die Höhe

Seit ca. 2005 bieten viele Verlage Optionen an, die es Autor*innen ermöglichen, auch in Subskriptionszeitschriften Open Access zu publizieren. Zeitschriften, die grundsätzlich über Subskriptionen/Abonnements vertrieben werden, in denen aber einzelne Artikel gegen eine Gebühr unter einer Open Access-Lizenz erscheinen, bezeichnen wir seitdem als Hybrid-Zeitschriften. Das Hybrid-Modell wurde von Anfang an kritisiert mit dem Argument, dass die Wissenschaftsverlage auf diesem Weg ihre Inhalte zweifach verwerten, nämlich als Open Access-Publikationsdienstleistung an die Autor*innen und als Subskription an die Bibliotheken und Abonnenten (sog. „double dipping“). Jedoch etablierte sich dieses System der parallelen Einnahmequellen der Verlage nicht zuletzt aufgrund der Förderpolitik in Großbritannien, im Rahmen derer ab 2013 (als Reaktion auf den sog. Finch-Report) im großen Stil Mittel für hybrides OA-Publizieren bereitgestellt wurden.

Offsetting als Verrechnungs-Ansatz

Als Reaktion auf die steigende Kosten im wissenschaftlichen Publikationssystem einerseits und zu wenig Fortschritt bei Open Access andererseits legten die niederländischen Universitäten 2015 die Verhandlungen mit Elsevier nieder und riefen Wissenschaftler*innen sogar zum Boykott des Verlags auf; in Deutschland ging die Universität Leipzig an die Öffentlichkeit als sie sich gezwungen sah, die Verhandlungen mit Elsevier abzubrechen.   Dass Open Access Publizieren und der Zugang zu Zeitschriften zusammengedacht werden können, stellte das Zeitschriftenkonsortium SCOAP³ unter Beweis, und die Max Planck Digital Library legte in einem 2015 erschienenen Whitepaper dar, dass die weltweit verausgabten Subskriptionszahlungen mehr als ausreichen, um Open Access in der Breite finanziell zu ermöglichen.

Bereits zum Jahr 2014 erzielte das österreichische Konsortiums KEMÖ eine erste Pilotvereinbarung mit der britischen Fachgesellschaft Institut of Physics (IOP), in deren Rahmen hybride Open Access-Gebühren mit Subskriptionskosten verrechnt wurden (Offsetting = Kompensation, Verrechnung). Der Vertrag sah vor, dass der österreichische Forschungsförderer FWF die Kosten für das hybride Open Access-Publizieren der österreichischen Wissenschaftler*innen in IOP-Zeitschriften übernimmt, und diese im darauffolgenden Vertragsjahr auf die Subskriptionskosten des KEMÖ angerechnet werden. Auch der britische Hochschuldienstleister JISC verhandelte in Folge mehrere Offsetting-Verträge oder auch Verträge mit Open Access-Kontingenten, die über Gutscheine („Vouchers“) genutzt werden konnten.

Von der Verrechnung zur Umwandlung

Für die internationalen Transformations-Initiative Open Access 2020 sind Open Access-Vereinbarungen von strategischer Bedeutung. Das in 2016 veröffentlichte Grundlagendokument von OA2020, die Expression of Interest, welche mittlerweile von über 150 Wissenschaftseinrichtungen weltweit unterzeichnet wurde, formuliert, dass die Umstellung der traditionellen Subskriptionszeitschriften auf Open Access durch eine Reinvestition der bisherigen Subskriptionsausgaben zugunsten des Open Access-Publizierens geschehen soll. Die neuen Vertragsmodelle zwischen Wissenschaftseinrichtungen bzw. ihren Bibliotheken und Verlagen bieten einen Rahmen, um diese Reinvestitionen vorzunehmen. Zeitgleich begannen Konsortien und Verhandler*innen, vor allem aus Europa und den USA, sich in der Initiative ESAC über die grundlegenden finanziellen Mechanismen und über Workflow-Anforderungen der neuen Vertragsmodelle zu verständigen. Anstelle von nachgelagerten Verrechnungsmechanismen und eines Nebeneinanders von Subskription und Open Access befürworteten die Verhandler*innen Modelle, bei denen das Open Access-Publizieren selbst im Zentrum der Verträge steht.

Entsprechend konvertieren „Read-and-Publish“/„Publish and Read“-Modelle ehemalige Subskriptionskosten in der Regel von vorne herein in Publikationsgebühren und haben dadurch im Vergleich zu bloßem „Offsetting“ einen substantiellen transformativen Effekt. Subskriptionskosten werden in das Publizieren von Open Access-Artikeln reinvestiert, wodurch sich die Finanzierungslogik und die Bemessungsgrundlage der Verträge grundlegend verändern. Die PAR Fee der DEAL-Verträge erfüllt genau diese Funktion im Rahmen der bundesweiten Verträge.

Ziel von Transformationsvereinbarungen ist es, dass Subskriptionsmodell vollständig abzulösen, sodass zukünftige Verträge keine Kostenelemente mehr enthalten, die mit dem Zugang zu Zeitschrifteninhalten in Verbindung stehen und auch Vorauszahungen möglichst zugunsten eines „Pay as you publish“-Modus obsolet werden.